Gastbeitrag: Kämpfe auf-lösen

Es ist Samstagabend nach 19.00 Uhr. Auf dem Rückweg vom Seminar halten wir an einem Supermarkt an. Es ist kalt und regnerisch, nur wenige Autos auf dem Parkplatz.

Wir parken nah am Eingang. Beim Aussteigen fällt mir auf, dass wir auf einem der Familienparkplätze stehen. Es gibt noch mehrere freie davon und wir gehen in den Supermarkt. Beim Einpacken brüllt uns ein jüngerer Herr an: “Geht’s noch?” und zeigt auf das Schild. Er steigt ins Auto, fährt nah an uns vorbei und zeigt den berühmten Mittelfinger.

Inzwischen steht kaum ein Auto auf dem Parkplatz.

Letztens begegnet mir im Supermarkt ein wütender Kunde. Er hatte einen Großeinkauf auf das Band gepackt und wartet auf die Eröffnung der Kasse. Nichts passiert. Die Schlangen links und rechts von ihm werden bedient und mehrere Anwesende wundern sich. Er erklärt brüllend, dass man ihn an diese Kasse gebeten hat und er sich nicht wegbewegen wird. Die Situation droht zu eskalieren. Ich spüre ein steigendes Unwohlsein, da sich offenbar auch kein Mitarbeiter verantwortlich fühlt, diese Situation zu entspannen…

Viele weitere Situationen ließen sich hier erzählen.

Nicht immer zeigt sich Eskalation so deutlich – dafür die Unfähigkeit, mit eskalierenden Situationen professionell umzugehen.

In meiner Wahrnehmung nehmen Situationen zu, in denen Menschen unzufrieden sind und schneller und heftiger ihren Gefühlen Ausdruck verleihen.

Was ist passiert? Gibt es mehr Gewalt oder ist das ein subjektiver Eindruck?

Gewalt beginnt da, wo einer sein Bedürfnis über das des Anderen stellt.

Da bedeutet, bereits, wenn ich Anderen ungebetene Ratschläge gebe, Distanzbereiche überschreite, Teilhabe verwehre, Geringschätzung zeige oder deren Handlungsrahmen bewusst einschränke, übe ich Gewalt aus. Daran schließen sich die vielen Handlungen verbaler oder körperlicher Gewalt.

Wie gelingt es dir in solchen Situationen dich und andere zu beruhigen, und dabei für dich und deine Interessen einzustehen?

1. Kenne deinen Wert!

Wie wichtig bist du dir selbst? Kläre für dich im Vorfeld, wie deine Mitmenschen mit dir umgehen dürfen. Dann findest du im Konfliktfall deine Position besser.

2. Kenne und lebe deine Werte! Was ist wichtig für dich – Gewaltfreiheit, Respekt, Sicherheit, Liebe, Wertschätzung? Wissenschaftler haben nachgewiesen, dass Menschen, die sich ihrer Werte bewusst sind und diese regelmäßig reflektieren, neben vielen anderen positiven Folgen, stress-und handlungssicherer sind.

3. Komm ins Handeln! Um zu deeskalieren heißt „ins Handeln kommen“ erstens häufig: bewusst weitere Reaktionen zu unterlassen. Rückzug! Verliere ich da nicht mein Gesicht? Nein!

Für unsere erste Geschichte bedeutete dies, dass wir unser Unverständnis für dieses Verhalten und auch unsere Verärgerung wahrgenommen haben.

Gleichzeitig nahmen wir uns ganz bewusst zurück, um eine mögliche Gewaltspirale im Keim zu ersticken.

Für die zweite Geschichte gibt es mehrere Handlungsoptionen: Du kannst Hilfe holen oder Hilfe anbieten. Wegschauen, Zuschauen und Gaffen ist keine Option.

Aus Ärger und Hilflosigkeit kann sich schnell Wut entwickeln.

Was also tun? Sprich einen Mitarbeiter an und bitte um Hilfe.

Vielleicht hilft es auch, aus der Entfernung Verständnis für den Ärger zu signalisieren und Unterstützung beim Umräumen anzubieten.

Was würdest du tun?          

Herzlichst,

deine Kerstin D. Richter

Quelle

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